Forschung am CPC-M - COPD – bald Volkskrankheit?

Forschung am CPC-M

COPD – bald Volkskrankheit?

Zwei aussichtsreiche Therapieansätze, um den schweren Verlauf bei COPD zu stoppen

Was ist COPD?

COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) ist Schätzungen zufolge die dritthäufigste Todesursache weltweit. Sie entsteht, wenn Menschen über lange Zeit schädlichen Umweltgasen oder Partikeln ausgesetzt sind, z.B. durch Schadstoffe in der Luft, meist aber durch Zigarettenrauch. Umgangssprachlich wird diese Lungenkrankheit deswegen auch Raucherlunge genannt. COPD Symptome sind chronische Bronchitis, Husten und Atemnot. Die Erkrankung geht meist einher mit einem Lungenemphysem, bei dem die Lungenbläschen zerstört und überdehnt werden. Der Patient bekommt dadurch Atemnot. COPD kann nicht geheilt werden, lediglich die Symptome können gelindert bzw. der Verlauf der Krankheit kann verlangsamt werden. Je nach Schweregrad und Einschränkung der Lungenfunktion wird die Krankheit in folgende Stadien eingeteilt: GOLD 1 (leicht), GOLD 2 (mittel), GOLD 3 (schwer), GOLD 4 (sehr schwer).

Lungenbläschen mit COPD, Grafik
Grafische Darstellung Lungenbläschen mit COPD - © Angelika Kramer Grafikdesign

Nach der COPD Diagnose – warum verläuft die Krankheit so schwer?

Bei COPD-Patienten der schwerwiegenderen GOLD Stufen 3 und 4 beobachten wir ein erhöhtes Aufkommen von B-Zellen (Lymphozyten). Die B-Zellen liegen dabei in einer speziellen Struktur vor, als Lymphfollikel. Sie vor allem sorgen für den extrem schlechten Verlauf der COPD, weil sie die Bildung von Lungenemphysemen befördern. Diese Lymphfollikel gilt es zu zerstören, um ein weiteres Fortschreiten der Krankheit zu verhindern.

Die Forscher in der Gruppe um Dr. Önder Yildirim haben zwei vielversprechende Ansätze erarbeitet, um das Fortschreiten von COPD aufzuhalten. Erstes Ziel: Die Bildung der Lymphfollikel gleich zu Beginn verhindern. Oder, wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist, die Bildung der Lymphfollikel rückgängig zu machen.

Ansatz 1 - Bildung der Lymphfollikel verhindern

Das Team entdeckte ein zentrales Element bei der Bildung von Lymphfollikeln: der Cholesterol-Stoffwechsel in den Epithelzellen der Atemwege. Im Mausversuch hatte sich gezeigt, dass tatsächlich jene Mäuse keine Lymphfollikel ausbilden, deren Cholesterol-Stoffwechsel vollständig blockiert ist. Weiter entdeckten die Forscher einen Wirkstoff, der genau diese Funktion hat – den Cholesterol-Stoffwechsel blockieren:

Clotrimazol, ein Therapeutikum für die Behandlung von Pilzinfektionen.

Die nächsten Schritte bzw. Fragen sind nun: Wie gelangt dieser Wirkstoff in die Epithelzellen der Lunge – und zwar letztendlich auch beim Menschen?

iBALT Lymphfollikel

Lungengewebe mit Lymphfollikel - © Helmholtz-Zentrum München

Ansatz 2 – Bildung der Lymphfollikel rückgängig machen

Hier studierte das Team zunächst eine Arbeit des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). Forscher des DKFZ hatten chronische Entzündungen und Fibrose in der Leber verhindert, indem sie einen bestimmten Signalpfad blockierten - den Lymphotoxin-Beta-Rezeptor. Könnte dieser Prozess nicht auch in der Lunge funktionieren?

Nach diversen experimentellen Versuchen stellte das Team um Önder Yildirim fest: Er funktioniert! Die Blockierung des Lymphotoxin-Beta-Rezeptors in COPD-Mäusen verhinderte die Formation der Lymphfollikel bzw. machte sie rückgängig. Und noch besser: Sie regte das Lungengewebe zur selbstständigen Regeneration an. Dieses Verfahren könnte also auch in späteren COPD-Stadien (GOLD 3 oder 4) eingesetzt werden, um mindestens das Fortschreiten der Krankheit  zu verhindern. 

Nächster Schritt: Klinische Studie

Eine DZL geförderte Studie wirft seit 2022 einen genaueren Blick auf die Rolle von Lymphotoxin-exprimierenden T-Zellen bei COPD. Dazu werden die Forschenden Blutserum wie auch Blutzellen aus bereits gelagerten Proben untersuchen. Ziel der Studie ist die Entwicklung eines Vorhersagemodells, das bereits in frühen Stadien der COPD Subtypen mit Risiko zur Entwicklung eine schweren COPD identifiziert. Das soll wirksamere, personalisierte Behandlungen ermöglichen. Die Studie wird in Kooperation der DZL-Standorte CPC-M (Dr. Ali Önder Yildirim, Studienleiter), Dr. Kathrin Kahnert, ARCN (Dr. Henrik Watz) und TLRC (Dr. Frederik Trinkmann) durchgeführt.

Nicht zuletzt hat das Team eine große Hoffnung: Dass beide Ansätze als Schlüsselwirkung auch bei anderen Lungenkrankheiten eingesetzt werden können. Denn die schädigende Struktur der Lymphfollikel spielt z.B. auch bei Lungenkrebs oder Lungenfibrose eine Rolle.