Single Cell Genomics

Erstes Symposium der DZL 3.0 working group mit internationalen Spitzenforschern

Aufnahme der Aktivität individueller Gene in einzelnen Zellen der sich entwickelnden menschlichen Lunge mittels `single molecule fluorescent in situ hybridization - smFISH´ (© und Daten: Christos Samakovlis - SciLifeLab Stockholm)

Das noch relativ junge Feld der Single Cell Genomics – also der simultanen Sequenzierung der RNA von mehreren tausenden von einzelnen Zellen eines Gewebes oder Organs - hat in den vergangenen Jahren zu bahnbrechenden Entdeckungen in der biomedizinischen Forschung geführt und unser Verständnis von den zellulären Mechanismen von Krankheiten geradezu revolutioniert. Dementsprechend groß war das Interesse am Kick-Off Meeting der Single Cell Genomics Working Group  des Deutschen Zentrums für Lungenforschung. Mehr als 100 DZL Forschende nahmen an dem auf Zoom stattfindenden Symposium teil und trugen zur angeregten Diskussion bei. Organisiert wurde das Symposium von den DZL Mitgliedern Herbert Schiller (ILBD/CPC-M, Helmholtz Zentrum München) und Christos Samakovlis (SciLifeLab Stockholm, UGLMC Gießen).

Den Auftakt machte der mit Spannung erwartete Vortrag von Peter Dorfmüller (Pathologie der Universität Gießen, UGMLC/DZL). Er zeigte den Teilnehmenden  die Vielfalt der mikroskopischen Veränderungen bei unterschiedlichen Lungenerkrankungen wie Pulmonaler Hypertonie, COVID19 und Lungenfibrose. Diese unter dem Mikroskop sichtbaren Veränderungen spiegeln in der Regel strukturelle Veränderungen des Lungengewebes wider. Erste Anwendungen von Single Cell Genomics ermöglichten zwar bereits erste Erkenntnisse über spezifische Veränderungen der Genexpression in Zellen, die unter dem Mikroskop sofort ins Auge stechen, weil sie ihre Form ändern oder sich vermehren. Dennoch werden noch große Anstrengungen von interdisziplinären Forschungsgruppen erforderlich sein, um gleichzeitig zu entschlüsseln, welche Zellen wo im Gewebe sitzen und wie ihr Genexpressionsprofil aussieht.

Vorträge von Martin Nawijn (UGMC Groningen), Alexander Misharin (Northwestern University Chicago), und Susanne Herold (Universität Gießen, UGMLC/DZL) stellten unter anderem das internationale `Human (Lung) Cell Atlas´ Projekt vor und zeigten wie neuartige Organoidmodelle, künftig helfen können, verschiedene Krankheitsvorgänge außerhalb des Körpers zu untersuchen.

Ein Thema zog sich wie ein roter Faden durch das ganze Symposium: Die Kombination von Single Cell Genomics Daten mit hochauflösender Bildgebung. Besonders viel Beachtung fand der Vortrag von Willi Wagner (Universität Heidelberg, TLRC/DZL). Er präsentierte die aktuellen Fortschritte bei der Erstellung von extrem hoch auflösenden Röntgen Tomographiebildern der menschlichen Lunge. Die von ihm gezeigten Röntgentomographiebilder erreichen eine vergleichbare Vergrößerung und Auflösung wie klassische Mikroskopiebilder, aber von der gesamten Lunge - und in 3D. Die Bilder sorgten entsprechend für Begeisterung unter den Teilnehmenden. Auch der Vortrag von Joakim Lundeberg (SciLifeLab Stockholm) über die von seiner Forschungsgruppe entwickelten Spatial Transcriptomics Technologie – also die Zuordnung von einzelnen Zellen mit einem bestimmten Genexpressionsprofil zu bestimmten Orten auf mikroskopischen Bildern, mündete in eine angeregte Diskussionen über die Möglichkeiten und Schwächen ebendieser Technologie.

Auch der Tatsache, dass der Analyse und Auswertung von Single Cell Genomics eine immer wichtigere Rolle zukommt, trug das Symposium Rechnung, in dem es diesem Themenbereich eine eigene Session widmete. Die beiden Referenten und DZL-PIs Malte Lücken und Fabian Theis (ICB, Helmholtz Zentrum München) zeigten die Möglichkeiten der Erhebung und Auswertung von Single Cell Genomics Daten aus verschiedenen Studien bzw. klinischen Kohorten in Kombinationen mit demographischen Daten. Damit können Forschende entschlüsseln, welche zellulären Veränderungen der Lunge physiologisch im Rahmen des Alterungsprozess auftreten und welche pathologischen Veränderungen das Früh- oder Endstadium eines bestimmten Krankheitsbildes bestimmen. Dabei zeichnete sich ab, dass in Zukunft bei der integrierten Analyse von Single Cell Genomics Daten aus unterschiedlichen klinischen Kohorten und klinischen elektronischen Krankenakten der Plattform Biobanking & Data Management des DZL wie auch dem DZL-Datawarehouse eine zentrale Rolle zukommen wird.

Das Kick-Off Meeting zeigte, dass Single Cell Genomics eine Schlüsselrolle in der Erforschung von Lungenkrankheiten zukommt. Oder wie es Mitorganisator Herbert Schiller formulierte: „Weil die Schaltkreise aus einzelnen Zellen und die Genprogramme, die diese steuern, als funktionelle Einheit der Schlüssel sind, um den Zustand eines Gewebes zu detektieren und dessen zukünftigen Zustand vorherzusagen oder therapeutisch eingreifen zu können“. 

Hintergrund:
Im Rahmen der neuen Förderperiode DZL 3.0 sollen erstmals Krankheitsbereiche übergreifend und vergleichend mit den neuen Möglichkeiten der Einzelzellgenomik erforscht werden. Das Ziel: Forschungsgruppen, die normalerweise an unterschiedlichen Lungenkrankheiten arbeiten, sollen bei der Anwendung neuer Single Cell Genomics Methoden und Algorithmen eng kooperieren und durch den Vergleich der Krankheiten neue Erkenntnisse gewinnen.