Wie die Grundlagenforschung als Basis für eine klinischen Studie dienen kann und damit letztlich Behandlungs- und Therapieoptionen aufzeigt, dafür ist dieses Projekt ein gutes Beispiel:
Das Bronchiolitis obliterans-Syndrom (BOS) ist die Hauptursache des chronischen Transplantat-Versagens (CLAD) nach Lungentransplantation. Bei dieser Abstoßungsreaktion verhärtet und vernarbt das Lungengewebe und die Funktion des transplantierten Organs verschlechtert sich. BOS verringert das Langzeitüberleben und betrifft die Hälfte der Patienten innerhalb von fünf Jahren. Das Problem: Bislang ist schwer zu erkennen, bei welchem Patienten BOS auftreten wird. Dafür fehlen erkennbare Symptome bzw. spezifische Biomarker/Hinweise.
Wissenschaftler aus Ali Önder Yildirims Gruppe am DZL-Standort München haben jetzt aber herausgefunden: Sowohl in Lungenflüssigkeit aus bronchoalveolarer Lavage wie auch im Lungengewebe von BOS-Patienten ist die Aktivität eines bestimmten Enzyms, Cathepsin B, deutlich erhöht. Darüber hinaus gibt es einen Zusammenhang zwischen der Cathepsin B-Aktivität und einer verstärkten Kollagen-Bildung, was sich wiederum negativ auf die Lungenfunktion bei BOS auswirkt.
Die Hypothese der Forscher: Cathepsin B könnte ein vielversprechendes therapeutisches Ziel sein, um das Fortschreiten von BOS zu verhindern. Diese Hypothese soll nun in einer klinischen Studie überprüft werden, die bereits vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) genehmigt wurde.
Bis 2023 sollen Patienten mit Lungentransplantation in zwei Schritten untersucht werden:
- Rückwirkende Untersuchung von Patienten, denen zwischen 2013 und 2015 eine Lunge transplantiert wurde
- Validierende Untersuchung von aktuellen Patienten mit Lungentransplantation ab Januar 2021 bis Ende 2022 plus Follow-Up Untersuchungen
Ziel ist es, anhand der Cathepsin B-Aktivität ein Modell zu entwickeln, mit dem Lungentransplantat-Empfänger mit einem Risiko von BOS innerhalb des ersten Jahres nach der Operation identifiziert werden können. Die frühzeitige Vorhersage der BOS könnte im nächsten Schritt das Langzeitüberleben der Patienten entscheidend verbessern.
Die Studie ist zudem ein Vorbild für die enge und interdisziplinäre Zusammenarbeit von Grundlagenwissenschaftlern und klinischen Forschern aus verschiedenen DZL-Standorten, nämlich München (CPC-M, Dr. Ali Önder Yildirim), Gießen (UGMLC, Prof. Matthias Hecker) wie auch der LMU (Dr. Nikolaus Kneidinger).
Original-Publikation:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33303550/